Autor ©: Udo Karl und Christine Meile-Karl (4/2003, 2/2004)

"Winterhärte" ein Rosenmerkmal?

Frostharte Rosen für Standorte in Deutschland

RR-Themen

(1)
Vorbemerkung

(2)
Ungünstige
Winter-bedingungen

(3)
Erfahrungs-austausch

(1) Vorbemerkung

Bei Rosen wird, wenn es um Klimaverträglichkeit geht, meist die US-amerikansiche Klimazoneneinteilung angegeben.

Deutschland gehört danach zur Zone 6, mit Ausnahme der milderen westlichen (rheinischen) Weinbaugebiete (Zone 7).
Maßgebend für diese Zonen-Einteilung ist die mittlere Tiefsttemperatur im Winter. Zone 6 bedeutet: zwischen -16°C und -21°C.

Zur Beurteilung von Wintertauglichkeit einer Rose für die verschiedenen Gegenden Deutschlands (Standort des Gartens) ist diese Angabe bei den Rosen erfahrungsgemäß zu grob, um sich blindlings darauf verlassen zu können, dass auch im eigenen Garten die jeweilige Rose zur Höchstform gedeiht. Daher werden in Rosen-Listen, -Datenbanken und Anbieter-Katalogen oft weitere Abstufungen gewählt (z. B. winterhart, frosthart, sehr frosthart).

Handelt es sich hierbei wirklich um ein Merkmal der Rose? Nur in seltenen Fällen lässt sich über eine Rose klar sagen, dass ihr das Urteil "wintertauglich" nicht zugesprochen werden kann. Eine 'Maréchal Niel' wird beispielsweise einen derzeitigen "normalen" Winter im Freien nicht überleben.
Bei Wildrosen mit Verbreitungsgebiet bis weit in den Norden oder bis in große Höhenlagen ist ganzheitlich gesehen ein System von entscheidenden Faktoren erblich festgeschrieben. Bei daraus gezüchteten Hybriden kann schon das Ausbleiben von Einzelmerkmalen das gesamte Zusammenspiel der Anpassung an eine Winterzeit aushebeln.

Wenn eine Rose es schafft, an ihrem Standort allen Gefahren eines Winters in Deutschland zu trotzen, verdankt sie es wohl mehreren Eigenschaften und Verhaltensweisen, die jeweils wichtig sind, um schädliche Einflüsse ungünstiger Winterbedingungen abzuwehren.

Es gilt nun sowohl die Gefährdungsmomente der Winterzeit am Standort aufzulisten als auch nach zugehörigen Widerstandsmomenten bei der Rose zu suchen. Wechselwirkungen und zufällige Kombinationen oder Abfolgen der Momente führen nicht selten zu "unerklärlichen Überraschungen". Jede Wintersaison hinterlässt andere Spuren im Rosengarten - direkte, wie Erfrierungen, und indirekte, wie eine Begünstigung von Schädlingen der Rose.

(2) Ungünstige Winterbedingungen

2) In Süddeutschland sind die stärkere Sonneneinstrahlung im Winter, sowie überraschende Wärmeeinbrüche durch Föhn eine Gafahr für die Rosen, weil sie die Pflanze aus der Winterruhe wecken oder austrocknen, wenn der Boden noch gefroren ist. Diesem Wechsel zwischen solchen Tagen und strengen Nachtfrösten lässt so manche Rose bis zum Stock (Erdanhäufelung) herunterfrieren.

3) Nach Osten zu kann Deutschland leichter von kontinentalen, kalten, trockenen Luftmassen (aus Rußland) bedeckt werden, die über einen längeren Zeitraum auch die Bodentemperaturen unter kritische Werte absenken.

4) Nach Norden und Westen zu, im Flachland, das zum Meer hin geöffnet ist, sorgen immer wieder Seewinde für eine Abmilderung und für Luft- und Bodenfeuchtigkeit.

5) Lokale Besonderheiten sind Trockenheit vom Klima her und durch den geologischen Untergrund (z. B. Kalkstein), Bodenart (z. B. Lehm, Sand, Kies, Löss) und Bodenreichtum an Humusstoffen, Kleinlebewesen, Sauerstoff und Düngung.

6) Lokal wirken sich noch aus: Staunässe, Durchlüftung (Abtrocknungsmöglichkeit), Windschutz und Nachbarschaft (relevante andere Pflanzen durch Licht- oder Wurzel-Konkurrenz oder durch Hemmstoffe, rückstrahlende Wände - Wärme und Licht).

7) Insgesamt ist auch der biografische/biologische Zustand einer Rose bzw. von Teilen des Strauches/Ramblers wichtig dafür, wie stark sich Wintereffekte auf eine Rose auswirken:

Hat die Pflanze sich über 1-2 Winter bereits an den Standort angepasst oder hat z. B. eine Containerrose noch ihren Habitus, den sie unter besseren Bedingungen erwarb?
Ist die Rose schon größer, stärker (hat sie z. B. tiefe Wurzeln, ausgereifte Triebe, einen Stock mit Reserven)?
Hat sie genügend relativ gesunde Zweige (finden sich im Inneren viele Schadstellen mit z. B. alten Hohlräumen durch Triebbohrer, krebsartige Wucherungen, Pilzbefall über nicht genügend abgeschottetes Totholz)?
Ist die Veredlungsstelle ohne größere Beeinträchtigungen, also die Verbindung der Rose zur Unterlage gut durchlässig?
Hat sie Kraft verloren (z. B. durch Wildtriebe oder hat sie nur wenig neue Reservestoffe sammeln können durch Pilz- oder Schädlingsbefall an den Blättern oder durch Wurzelschäden/-schädlingen)?

8) Ererbte Frosthärte der Sorte. Generell lassen sich aus der Zugehörigkeit zu einer Rosenklasse oder aus dem Wissen über die Eltern oder über sonstige Vorfahren einer Rosensorte Prognosen ableiten. So sind die schon erwähnten einheimischen Wildrosen, ihre Hybriden und unsere "Ur-Gartenrosen" von R. alba bis R. cent. muscosa sehr frosthart. China- und Noisette-Rosen erheblich empfindlicher. Moschata-Hybriden und "Englische Rosen" beispielsweise erleben durch "ungünstigere Winter-Bedingungen" Entwicklungseinschnitte, die sie nie zu solchen stattlichen Sträuchern heranwachsen lassen, wie man sie in den häufig aus dem Englischen übersetzten Büchern oder Zeitschriftenartikeln sieht.

Vielfach ist auch die Frosthärte der Unterlage von Bedeutung, also der Frosthärtezustand jener Rosensorte, die den unterirdischen Wurzelteil bildet und auf die die oberirdische Gartenrose veredelt wurde. Nicht immer sind die eigenen Wurzeln der beste Schutz! Erstaunlich ist andersherum, wie Rosen eigene Wurzeln und Ausläufer bilden und sich über Wurzelschäden an der Unterlage hinweg regenerieren können. Sie schaffen so selber Ersatz durch Vermehrung als Individuen, wobei sie dem Anschein nach bessere Standorte suchen.
Die wichtigsten Faktoren und Gesichtspunkte für Beurteilungen und Prognosen sind:

1) Die Höhenlage (z. B. Mittelgebirge und Alpenvorland) sorgt für eine längere Winterpause, oft verbunden mit früh einsetzenden sowie späten Nachtfrösten und häufig mit mehr Schnee. Während der Schnee teils als "Frostschutzmantel" hilft, sorgt er bosonders an Nordhängen für eine später einsetzende Vegetationsperiode. Einheimische Wildrosen und auch viele historische einmalblühende Gartensorten schließen im Herbst ihr Wachstum ab und sorgen für die Ausreifung des Holzes und den Rückzug der Pflanze in ein "Überwinterungsstadium".

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(3) Erfahrungsaustausch: Spezielle Eigenheiten, Standort und Schicksal einer Rosenpflanze

Nicht jeder Verlust einer Rose während der Winterzeit ist dem Winterwetter bzw. der "mangelnden Frosthärte der Sorte" zuzuschreiben!
Jeder sollte seine Rosen an seinen Standorten beobachten und sich über einen längeren Zeitraum Notizen machen.

Manches "Unerklärliche" kann so auf Ursachen zurückgeführt werden, die sich eventuell beeinflussen lassen. Als sehr hilfreich hat sich der Erfahrungsaustausch in Foren erwiesen. Das Thema Rosen erzeugt in den Garten- und Pflanzenforen den weitaus größten Gesprächsbedarf. Nach Schließung des Top-Forums "Gärtnern in Deutschland", angeboten bis März 2002 vom Gardenweb Europe, hat sich die große Gruppe deutschsprachiger Rosenbegeisterter bei www.planten.de niedergelassen. Auch im Forum von www.rareroses.net taucht das Thema Frosthärte immer wieder auf (Beispiele 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7)

Inzwischen sind weitere Foren mit Bezug auf Rosen hinzugekommen (siehe Linksammlung auf der Rosenmeile). Sehr interessant ist, dass in der Foren-Community Beiträge aus allen Gebieten Deutschlands zusammengetragen und verglichen werden können, auch aus benachbarten Ländern wie Österreich, Schweiz, Belgien oder Frankreich werden Beobachtungen und Fragen zur Diskussion gestellt. Die Zusammenarbeit von "Freunden alter Rosen" und "Sammlern spezieller Sorten und Gruppen" hat sich mittlerweile weltweit organisiert. Dank Internet kann nun jeder wirklich alle Klimagebiete hinsichtlich Verträglichkeit für Rosen vergleichen, er muss kein höherer Vereinsfunktionär sein, allerdings sollte er sich Fremdsprachenkenntnisse angeeignet haben.
Erfahrungen mit dem Wintereinfluss, konzentriert auf Remontantrosen, fasst Pierre Lauwers in seinem Artikel (hier in RR-Themen) zusammen.
Weitere Informationen und Tipps bietet die Rosenbaumschule Schmid in Memmingen (www.schmid-gartenpflanzen.de).

Eine Liste der Rosen, die sich im Voralpenland, bzw. im eigenen Garten, bewähren, hat Christine Meile auf Rosenfoto.de zusammengestellt.

Christine Meile und Udo Karl

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